Was versteht man unter Form- und Lagetoleranzen?
ISO definiert Form- und Lagetoleranzen als „geometrische Produktspezifikationen (GPS) – Geometrische Tolerierung – Tolerierung von Form, Orientierung, Lage und Rundlauf“. Kurz gesagt, „geometrische Produktspezifikationen“ beziehen sich auf die Form, Größe und Lagebeziehung eines Produkts, während „Toleranz“ den zulässigen Fehler bezeichnet. „Geometrische Toleranz“ wird beschrieben durch eine Definition, die neben der Größe auch die zulässigen Fehler für Form und Position beinhaltet.
- Unterschiede zwischen Größentoleranz (Maßtoleranz) und geometrischer Toleranz
- Vorteile der geometrischen Toleranz
- Prinzip der Unabhängigkeit
- ISO-Definition
Unterschiede zwischen Größentoleranz (Maßtoleranz) und geometrischer Toleranz
Im Großen und Ganzen gibt es zwei Ansätze zur Zeichnungsausführung: Maßtoleranz und geometrische Toleranz. Die Maßtoleranz legt das Maß jeder Abmessung fest.
Die geometrische Toleranz legt Form, Parallelität, Neigung, Position, Rundlauf und andere Faktoren fest.
Vorteil der geometrischen Toleranz
Warum ist geometrische Toleranz notwendig?
Wenn der Konstrukteur beispielsweise Blechteile bestellt, sehen die Anweisungen auf Basis von Maßtoleranzen so aus:
-
- a
- Toleranzzone
Diese Zeichnung kann zu einer Lieferung von Teilen wie unten dargestellt führen:
- a
- Toleranzzone
- a
- Toleranzzone
Diese Teile sind nicht spezifikationsgerechte oder defekte Produkte.
Diese Teile werden hergestellt, weil in der Zeichnung die Parallelität nicht erwähnt wird.
Der Fehler liegt bei der Toleranzanweisung des Konstrukteurs und nicht beim Hersteller.
Die Zeichnung für das gleiche Teil sieht mit geometrischer Toleranz wie folgt aus. Dabei werden neben den Maßen auch die geometrischen Merkmale „Parallelität“ und „Ebenheit“verwendet. Dadurch können wie oben genannte Fehler mit Maßtoleranzen vermieden werden.
- a
- Parallelitätstoleranz
- b
- Ebenheitstoleranz
- c
- Bezugsebene
Die geometrische Toleranz hat den Vorteil, dass sie den vorgesehenen Entwurf des Konstrukteurs genau und effizient kommuniziert – auf eine Art, die unter Verwendung von Maßtoleranzen alleine nicht möglich ist.
Prinzip der Unabhängigkeit
Maßtoleranz und geometrische Toleranz legen die Toleranz verschiedener Spezifikationsaspekte fest. Die Maßtoleranz legt die Größe der Maße fest, während die geometrische Toleranz die Form- und die Lagebeziehung festlegt.
Es geht also nicht darum, was besser ist, sondern darum, sie gemeinsam zu nutzen, um effiziente Toleranzanweisungen zu geben.
Für die Maßtoleranz und die geometrische Toleranz werden verschiedene Messgeräte und Prüfmethoden eingesetzt. Da beispielsweise für die Maßtoleranzen mit einem Messschieber oder einer Mikrometerschraube zwischen zwei Punkten gemessen wird, erfüllen die folgenden Maße alle die Maßtoleranz.
-
Maßtoleranzzone Form des Referenzmaßes -
Achse mit Maßtoleranz (Referenz) Perfekter Kreis mit Toleranz Kreis verzerrt innerhalb der Toleranzzone Kreis mit abweichender Mittelachse
Für die geometrische Toleranz werden Rundheit und Position der Mittelachse mit einem Rundheitsmessgerät oder einem 3D-Koordinatenmessgerät überprüft, was dazu führen kann, dass die oben genannten Maße je nach vorgegebener Toleranz nicht den Toleranzvorgaben entsprechen. Dies bedeutet, dass einige Abmessungen die Anforderungen an die Maßtoleranz erfüllen, nicht aber die geometrischen Toleranzspezifikationen.
Daraus können wir ableiten, dass die Festlegung durch Maßtoleranzen und die Festlegung durch geometrische Toleranzen praktisch keinen Zusammenhang haben. Dieses Konzept wird als Prinzip der Unabhängigkeit bzw. Unabhängigkeitsprinzip bezeichnet.
ISO-Definition
ISO definiert das Verhältnis zwischen Maß und geometrischen Merkmalen wie folgt:
- ISO 8015-1985
- Standardmäßig muss jede GPS-Spezifikation für ein Merkmal oder eine Beziehung zwischen Merkmalen unabhängig von anderen Spezifikationen erfüllt werden, es sei denn, sie ist in einer Norm oder in einer speziellen Anweisung angegeben.
Das oben dargestellte Prinzip der Unabhängigkeit ist die internationale Norm der ISO. Einige Unternehmen übernehmen jedoch die Regeln der ASME (American Society of Mechanical Engineers), die das Prinzip der Unabhängigkeit nicht anwenden. Aus diesem Grund wird empfohlen, dass Sie die Standards vor Abschluss von Geschäften, insbesondere mit ausländischen Unternehmen, besprechen und klar festlegen.